"Es stehen viele Herausforderungen an"

«Wir blicken gerne auf die fünfzig Jahre zurück, doch es stehen viele Herausforderungen an»

1970 gegründet, feiert der Yacht Club Au dieses Jahr sein 50-jähriges Bestehen. Der Club am linken Zürichsee-Ufer hat Vieles erlebt – von regelmässigen Clubregatten über die Beteiligung am Hafenprojekt Rietliau bis zur jahrelangen Ausbildung von Junioren auf Optimisten. Beat Föllmi, Präsident des Yacht Clubs Au, gibt anlässlich des speziellen Jahres Auskunft über die Vergangenheit des Clubs und die Momente, die in Erinnerung bleiben. In einem offenen Gespräch erzählt uns Beat von den Herausforderungen, die nicht nur ihn, sondern auch andere kleine Clubs in der Region beschäftigen. Er wagt zudem einen Blick in die Zukunft und sagt, wie der Club sich auch auf digitaler Ebene erneuern möchte.

 

Lieber Beat, du bist nun seit knapp zehn Jahren im Club, seit sechs Jahren als Präsident. Wie geht es dem Yacht Club Au?

Dieses Jahr ist natürlich ein spezielles für uns – wir werden fünfzig Jahre alt. Das gilt es zu geniessen, denn wir haben in diesen Jahren viele schöne Momente erlebt, auf die wir gerne zurückblicken. Gleichzeitig würden wir gerne die Chance nutzen, um Interessierte anzusprechen und zusätzlich zum normalen Jahresprogramm Aktivitäten wie einen Tag der offenen Tür oder Mitsegelgelegenheiten anzubieten. Jedoch haben wir aufgrund der aktuellen Pandemie-Situation entschieden, dies nicht durchzuführen. Auch die geplante Jubiläumsfeier im Schloss Au fällt leider aus. Aber davon abgesehen: Uns geht es soweit gut, doch es stehen viele Herausforderungen an. 

Bevor wir zu den Herausforderungen der Zukunft kommen, lass uns ein Wort über die Vergangenheit verlieren. Welches sind für dich die Highlights der letzten 50 Jahre?

In früheren Zeiten haben wir Schweizer Yngling- und O-Jollen-Meisterschaften organisiert, das waren sicher Höhepunkte. Das war allerdings lang vor meiner Zeit, da war noch viel «junges Blut» dabei. Auch die Juniorenausbildung war sehr wichtig, sie hat uns auch ein Stück weit bekannt gemacht. Wir haben auf den O-Jollen zwischen 20 und 30 Junioren ausgebildet, die Ausbildung war sicher ein wichtiger Teil der Club-Identität. Auch die vielen familiären Anlässe, bei denen man als grosse Einheit zusammen auf den See ist und sich dort präsentiert hat, sind schöne Erinnerungen. Leider sind die grösseren Ereignisse in den letzten Jahren eher spärlich gesät. Die beiden Regatten Rietliau-Cup und Halbinsel Au-Cup gehören natürlich dazu. Auch die massgebliche Beteiligung beim Bau des Hafens Rietliau gehört zu den Highlights.

Welche konkreten Herausforderungen stehen für den Club an?

Wir beabsichtigen eine Verjüngung des Vorstandes, da zähle ich mich auch dazu, und den Neuaufbau des Regattateams. Wir sind folglich auf der Suche nach Mitgliedern, die für die Regatta- und Wettfahrtleitung zur Verfügung stünden. Zudem sind wir generell unter rückläufigen Mitgliederzahlen betroffen. Diesem Trend versuchen wir auf lange Sicht – auch wenn es schwer ist – entgegenzuwirken. Wir haben zudem ein sehr starkes familiäres Gefühl im Club. Das ist einerseits schön, denn der «harte Kern» immer gerne an Anlässen teil, die wir organisieren. Auf der anderen Seite kommen halt selten mal neue dazu. Von knapp 50 Mitgliedern kommen dann jeweils nur 10 bis 15. Dabei versuchen wir wirklich, diese Anlässe so interessant wie möglich zu gestalten. Dieses Gemeinschaftsgefühl soll natürlich bleiben und sich auch auf neue Mitglieder übertragen.

Mit dem Ruderclub Wädenswil, dem Yacht Club Horgen und dem Segelclub Thalwil habt ihr direkte Konkurrenz auf dem See in der Nähe, zudem sind bei jungen Leuten aber Sportarten wie Fussball meist beliebter als Segeln. Wie schafft man es, für junge Mitglieder interessant zu bleiben?

Das ist, offen gestanden, eins unserer grössten Probleme. Im Moment kommen wir kaum an die Jungen ran, wir können im Vergleich zu anderen Sportarten wenig Spezielles bieten. Weder eigene Schiffe, die wir zur Verfügung stellen könnten, noch Hafenplätze. Bis anhin sind oft die Kinder der älteren Mitglieder nachgerückt, heute sind bei den Kindern oder teils auch schon Enkeln oft ganz andere Interessen vorhanden. Clubs wie Horgen und Thalwil, aber auch auf der andere Seite Stäfa, haben alle eine viel bessere Infrastruktur. Auch Richterswil, was zwar ein Wassersportclub ist, also auch mit Motobootfahrern etc., ist eine interessante Sache. Mit den Optis, die dort vor Kurzem nachgerüstet wurden, haben die grosses Potential, die (ganz) Jungen abzuholen. Wir haben ja bis vor Kurzem ebenfalls Junioren ausgebildet. Natürlich hatten wir die Hoffnung, die Jungen dann weiter im Club zu behalten. Sobald diese aber ins Studienalter gekommen sind, sind sie entweder weggezogen oder hatten andere Interessen.

Wieso musstet ihr denn die Junioren-Ausbildung aufgeben?

Einerseits hatten wir wie gesagt immer weniger Junioren, die zum Training kamen. Andererseits sind auch die bisherigen Jugendtrainer irgendwann in ein gewisses Alter gekommen. Wir haben kaum jemanden gefunden, der bereit war, sich für regelmässige Trainings zur Verfügung zu stellen. Wir haben auch Kooperation mit Nachbarclubs in Erwägung gezogen, das mussten wir aber leider auch wieder verwerfen. Oftmals wollten die Leute zwar, doch ein festes Commitment war neben dem eigenen Club in dieser Form nicht möglich. Eine Zusammenlegung der Trainings mit umliegenden Clubs macht auch wenig Sinn. Wieso würde überhaupt jemand in den Club Au eintreten, wenn er in Horgen trainieren würde?

Clubs sind eine Gemeinschaftssache, neue Mitglieder werden auch durch Kollegen im gleichen Alter angeworben und offenbar hat dieser «Generationentransfer» bei euch noch nicht stattgefunden. Gäbe es nicht noch andere Möglichkeiten, junge Leute anzusprechen?

Das Auftreten des Clubs müsste in verschiedenen Facetten geändert werden und in sich konsistent sein: Einerseits fängt die Verjüngung natürlich bereits im Vorstand an: Die jüngsten im Club müssten dazu motiviert werden, Verantwortung im Club zu übernehmen, den Club von sich aus zu erneuern. So kriegt man neuen Schwung. Auch authentisches Social Media Marketing könnte einen «jungen Geist» wohl besser rüberbringen.

Auch der Webauftritt generell ist ein Thema….

Richtig, gutes Stichwort. Wir wollen den Internet-Auftritt des Clubs im Zuge des Jubiläums komplett erneuern. Das ist der erste Schritt in die Zukunft. Im besten Fall wird der neue Auftritt durch die lokale Presse auch an neue potenzielle Mitglieder verteilt.

Wir haben von Internetauftritt, Social Media, aber auch der Verpflichtung von Trainern gesprochen – um all diese Dinge richtig auszuführen, benötigt man Geld. Ist es letztlich eine Geldfrage?

Das ist sicher ein Thema. Wer etwas Gutes auf die Beine stellen will, muss auch die entsprechenden Finanzen zur Verfügung haben. Wir sind eher ein günstiger Club, unsere Beiträge auf einem eher tiefen Niveau. Und all die Dinge kosten halt etwas. Aber die Geldfrage alleine greift zu kurz; Man braucht Leute, die sich für den Erfolg des Clubs einsetzen und Hand anlegen, die begeistert hinter der Sache stehen. Wir können also nicht versuchen, einen Riesenbetrag freizusetzen und dann erwarten, dass es läuft – so etwas wäre nur ein Strohfeuer.

Wie optimistisch bist du für die Zukunft?

Na ja, ich bin zweckoptimistisch. Ich fände es schön, wenn wir mit dem Club weitere schöne Jahre erleben dürften. Es gibt auf jeden Fall noch Bereiche mit Potenzial und ich glaube daran, dass wir es schaffen, neues Leben in diesen Club zu bringen. Aber es geht darum, das langfristig zu machen. Ich rechne eher mit 5-10 Jahren als 2-3 Jahren, bis wir wieder auf einem schönen Niveau sind. Und das ist dann wahrscheinlich nicht mehr «meine Welt».

Wie lange willst du denn noch bleiben?

ich hatte ursprünglich vorgesehen, mein Amt nach meiner letzten Zweijahre-Periode weiterzugeben, also 2021. Aktuell sind wir aber relativ dünn besetzt, wahrscheinlich werde ich mich dann nochmal zur Verfügung stellen.

Letzte Frage: Wie geht ihr mit Corona um?

Wir haben in der ersten Phase natürlich alles abgesagt – alle geplanten Aktivitäten, Monatsstämme usw. Wir halten uns strikte an die Empfehlungen. Da nun unter Einhaltung der Schutzbestimmungen aber wieder einige Aktivitäten möglich sind, freuen wir uns natürlich sehr auf den Sommer.

Lieber Beat, wir wünschen dir und dem Club alles Gute und viel Erfolg bei euren Vorhaben!